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Die Voraussetzung für die Umsatzsteuerbefreiung von Vermittlungsleistungen eines Versicherungsmaklers oder -vertreters (§ 4 Nr. 8 und 11 UStG) sind erfüllt, wenn die folgenden zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Der Erbringer der Dienstleistung muss sowohl mit dem Versicherer als auch mit dem Versicherten in Verbindung stehen (eine mittelbare Verbindung reicht aus, wenn der Erbringer der Dienstleistung ein Unterauftragnehmer des Versicherungsmaklers oder -vertreters ist).
  2. Die Tätigkeit muss wesentliche Aspekte der Vermittlung von Versicherungen umfassen, wie z. B. Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen. Die Vermittlung kann in einer Nachweis-, einer Kontaktaufnahme- oder in einer Verhandlungstätigkeit bestehen, wobei sich die Tätigkeit auf ein einzelnes Geschäft, das vermittelt werden soll, beziehen muss. Bei einem Unterauftragnehmer ist entscheidend, dass er am Abschluss von Versicherungsverträgen beteiligt ist.

Praxis-Beispiel:
Ein selbständiger Vermögensberater (Kläger) ist ausschließlich für einen Allfinanzvertrieb tätig. Der Allfinanzvertrieb vermittelt Finanzprodukte zwischen Produktgebern (z. B. Versicherungen, Banken und Bausparkassen) und Endverbrauchern (Privat- und Firmenkunden). Die vermittelten Produkte lassen sich den Bereichen der verschiedensten Bankdienstleistungen, des Bausparens, der Investmentfonds, der Lebens-, Kranken- und anderen Versicherungen zuordnen. Der Kläger war sowohl im Eigen- als auch im Gruppengeschäft tätig. Für den Kläger waren 6 Vermögensberater im Nebenberuf, 5 im Hauptberuf und 2 Vertrauensmitarbeiter tätig. Für seine Tätigkeit erhielt der Kläger aufgrund eines mehrschichtigen Vergütungssystems erfolgsabhängige Provisionen für die Eigen- und Gruppenumsätze sowie Boni und Zuschüsse (z. B. Grundprovision, Leistungsbonus-Praxis, Kundenleistungsbonus, Büro- und Organisations-Bonus, Förderprovision).

Das Finanzamt ging davon aus, dass der Büro- und Organisations-Bonus nicht umsatzsteuerfrei sei, weil dieser nicht für die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler bzw. im Zusammenhang mit Bank- und Finanzdienstleistungen gezahlt worden sei. Der Kläger macht hingegen geltend, dass der Vermögensberater für den Provisionsanspruch auch eine Vielzahl anderer Tätigkeiten zu erbringen habe, die den weitaus größeren zeitlichen und finanziellen Aufwand ausmachen. Der Allfinanzvertrieb vergüte nicht die anderen Tätigkeiten, wie z. B. die Anwerbung von Mitarbeitern. Vielmehr richtet sich der Provisionsanspruch allein nach den Eigen- und Gruppenumsätzen.

Die typischerweise mit dem Aufbau und der Aufrechterhaltung eines Strukturvertriebes einhergehende Betreuung, Schulung und Überwachung von Versicherungsvertretern, die Festsetzung und Auszahlung der Provisionen sowie das Halten der Kontakte zu den Versicherungsvertretern gehört nicht zu den Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters. Derartige Leistungen sind nur steuerfrei, wenn der Unternehmer durch Prüfung eines jeden Vertragsangebots mittelbar auf eine der Vertragsparteien einwirken kann. Dabei ist auf die Möglichkeit abzustellen, eine solche Prüfung im Einzelfall durchzuführen. Eine Steuerfreiheit für Leistungen, die keinen Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften aufweisen, sondern allenfalls dazu dienen, im Rahmen der Administration einer Vertriebsorganisation einen anderen Unternehmer, der Vermittlungsleistungen erbringt, zu unterstützen, besteht nicht.

Das Finanzgericht hat daher entschieden, dass der Büro- und Organisations-Bonus bzw. die Förderprovision der Steuerbefreiung für Vermittlungsleistungen unterliegen. Sie stellen eine Aufstockung der Grundprovision für die vom Vermögensberater erzielten Gruppenumsätze dar. Zwischen der Zahlung des Büro- und Organisations-Bonus bzw. der Förderprovision besteht jeweils ein spezifischer und wesentlicher Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften, weil er auf das jeweilige steuerfreie Gruppengeschäft zurückzuführen ist. Der Büro- und Organisations-Bonus bzw. die Förderprovision werden nicht für eine Anwerbetätigkeit neuer Vermögensberater und den Aufbau eines Strukturvertriebs gezahlt.

Entgegen der Auffassung des Finanzamts wurde der Büro- und Organisations-Bonus bzw. die Förderprovision nicht für eine Anwerbetätigkeit neuer Vermögensberater und den Aufbau eines Strukturvertriebs gezahlt. Vielmehr bestand ein spezifischer und wesentlicher Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften, der auf das jeweilige steuerfreie Gruppengeschäft zurückzuführen ist. Der Kläger verfügte über die erforderliche Einwirkungsmöglichkeit auf die einzelnen Vermittlungsverträge im Rahmen des Gruppengeschäfts.

Quelle:Finanzgerichte| Urteil| FG Niedersachsen, 11 K 190/19| 18-08-2021